Der Schweizer Journalist Andreas Böhm hat sich in das Innenleben mittelamerikanischer Jugendbanden begeben
Benedikt Vallendar
Wer wissen will, was tatsächlich hinter der weltweiten Drogenkriminalität steckt und sich zudem für das Innenleben mittelamerikanischer Großstädte interessiert, trifft mit diesem Buch eine gute Wahl. In drastischen Bildern und unverblümter Sprache beschreibt der Schweizer Journalist Andreas Böhm die Geschichte Sandras, eines guatemaltekischen Mädchens, das Anfang der 1980er Jahre in einem der Elendsquartiere von Guatemala-Stadt zur Welt kommt und eine von Drogen, Gewalt und materieller Not geprägte Kindheit erlebt. Sandras Mutter ist Alleinerziehende und hat, was in Südamerika nichts Ungewöhnliches ist, Kinder aus verschiedenen Liebschaften. Zusammen mit den Großeltern leben sie in einer Wellblechhütte am Stadtrand, mit Außentoilette und ohne fließendes Wasser. Sandras einziger Lichtblick sind ihre Spielkameradinnen aus dem Viertel sowie der kleine Fernseher, in dem sie sich tagein tagaus von Telenovelas, jenen in Lateinamerika so beliebten Fortsetzungsserien im Stil der deutschen Lindenstraße, berieseln lässt. Ein Einschnitt erfährt Sandras Leben, als sie mit 15 schwanger wird. Der Vater ihres Sohnes gehört zu den Maras, jenen berüchtigten Jugendbanden, die von jeher die Vorstädte mittelamerikanischer Großstädte mit Drogenhandel, Prostitution und sonstigen illegalen Geschäften überziehen und die Bewohner terrorisieren.
In „Teuflische Schatten“ erzählt Andreas Böhm die dramatische Geschichte zweier mutiger Frauen. Auf ihrer Suche nach Glück und Liebe geraten sie in den Strudel der Gewalt, die von einer der weltweit gewalttätigsten Jugendbanden ausgeht, der Mara Salvatrucha. Die Maras breiten sich seit Jahren wie ein Krebsgeschwür von den USA kommend in Mittelamerika aus. Ritualmorde, Erpressungen und Raubüberfälle sind ihre Markenzeichen.
Seither tobt in Zentralamerika ein blutiger Kampf um die Vorherrschaft im Drogenhandel. Mächtige Kartelle bekriegen sich gegenseitig um Schmuggelwege in die USA. Schutzgelderpressung, Raub und Auftragsmorde gehören zum Repertoire der Banden, die der Polizei häufig zahlenmäßig und waffentechnisch überlegen sind.
In einigen Ländern, wie etwa Guatemala. gilt die Kriminalität inzwischen als staatsbedrohend. Und das mit internationalen Auswirkungen, die bekanntlich auch vor deutschen Großstädten nicht Halt machen und den Strafverfolgungsbehörden weiterhin reichlich Arbeit bescheren.
Andreas Böhm
Teuflische Schatten – Zwei Frauen gegen die Mara Salvatrucha
Horlemannverlag, Berlin 2011
Preis: €19,90, 298 Seiten
ISBN 9783895023170
Hab „Teuflische Schatten“ auch gerade gelesen. Tolle Lektüre. Man taucht wirklich ein, in ein Leben, das uns so fremd ist. Da wird geliebt, gemordet und gehofft. Auch eindrücklich ist, wie Sandra, die Protagonisten, versucht, den Mord an ihrer Mutter gerichtlich zu sühnen. Und das bei einem Justitz-System wie dem Guatemaltekischen, dass fast 95% straffreiheit für Verbrecher hervorbringt!
Toll, spannend, verstörend und auf jeden Fall sehr informativ! Hier kann man lesen, was passiert und wie Leute leiden müssen, wenn staatliche Institutionen völlig versagen.