Neue Perspektiven in der Sanierung von Unternehmen

Im Gespräch mit Dr. Dirk Andres von AndresSchneider Rechtsanwälte & Insolvenzverwalter über die Sanierung von Unternehmen, die Reform der Insolvenzordnung und das erweiterte Berufsspektrum des Insolvenzverwalters

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Dr. Dirk Anders (Foto: AndersSchneider)

Herr Dr. Anders, Ihre Kanzlei wurde Ende der 1960er Jahre von Ihrem Vater gegründet. In dieser Zeit war der Begriff Konkurs zumeist gleichbedeutend mit der Abwicklung eines Unternehmens. Was hat sich seitdem geändert?

Andres: Wir haben die Konkursverwaltung 1974 aufgenommen. Seitdem haben sich die gesetzlichen Möglichkeiten der Unternehmenssanierung tiefgreifendend gewandelt.

Inwiefern?

Andres: Mit der Einführung der Insolvenzordnung 1999 wurden Rahmenbedingungen für die Sanierung zahlungsunfähiger und überschuldeter Unternehmen geschaffen. Der Fokus lag dabei auf dem Instrument der übertragenden Sanierung, also dem Verkauf der Vermögenswerte des insolventen Unternehmens an einen Investor.

Die Insolvenz als Chance für einen Neuanfang?

Andres: Zahlreiche Erfolgsfälle haben das gezeigt: So haben wir dem Armaturen-Sortimenter Wilhelm Kirchhoff sowie der Manss Fruchthandelsgruppe eine neue Zukunft gesichert. Beide sind heute wieder erfolgreich am Markt tätig.

Mit einer erneuten Insolvenzrechtsnovelle und dem Gesetz zur Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (ESUG) wurde die Insolvenzordnung 2012 erneut überarbeitet. Mit welchem Ziel?

Andres: Durch das ESUG will der Gesetzgeber die Sanierung von Unternehmen erleichtern und die Verantwortlichen ermutigen, sich in der Krise früher als bisher fachliche Unterstützung zu holen. Darüber hinaus sollen auch die Gläubiger frühzeitig in den Sanierungsprozess eingebunden werden.

Wie macht sich das bemerkbar?

Andres: Auf der Unternehmensseite bedeutet dies, dass die Geschäftsführung bei frühzeitiger Antragsstellung die Kontrolle über ihr Unternehmen weitgehend behält und mithilfe von externen Experten die Vorteile eines Insolvenzverfahrens für die Sanierung nutzt. Anstelle eines Insolvenzverwalters wird vom Gericht dann ein sogenannter Sachwalter bestellt, der die Insolvenz in Eigenverwaltung überwacht.

Und auf Gläubigerseite?

Andres: Vor Antragsstellung besteht nun die Möglichkeit, dass sich ein vorläufiger Gläubigerausschuss konstituiert, der beispielsweise ein Vorschlagsrecht für Insolvenzverwalter und Sachwalter hat. So werden Verwalter neuerdings vermehrt auf Gläubigerempfehlung bestellt.

Was bedeuten diese Änderungen insbesondere für die Person des Insolvenzverwalters?

Andres: Ganz egal, ob die Sanierung auf dem Wege eines Regelverfahrens oder eines Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung betrieben wird – es muss eine Person geben, die die verschiedenen Handlungsstränge im Sanierungsprozess koordiniert und konsolidiert. In der Praxis ist das ein externer Restrukturierungsexperte, der die Unterstützung von allen wesentlichen Stakeholdern hat.

Welche Fähigkeiten muss eine solche Person mitbringen?

Andres: Diese Person sollte über fundierte insolvenzrechtliche, betriebswirtschaftliche und steuerrechtliche Kenntnisse verfügen und natürlich sanierungs- und insolvenzerfahren sein. Neben diesen Fähigkeiten sind auch immer mehr leistungswirtschaftliche Aspekte und Verhandlungsgeschick gefragt. Anders kann eine nachhaltige Sanierung in den meisten Fällen gar nicht mehr gelingen. Neben seiner Aufgabe, das Unternehmen fit für die Zukunft zu machen, muss er zudem mit den Gläubigern eine Einigung über die zu zahlenden Quoten finden.

Ihre Sozietät ist schwerpunktmäßig in den Bereichen Restrukturierung, Sanierung  und Insolvenzverwaltung tätig. Welches Stellenprofil muss ich haben, um bei Ihnen arbeiten zu können?

Andres: Wir sind immer auf der Suche nach qualifizierten Bewerbern. Die Anforderungsprofile sind dabei nicht immer kongruent. Wichtig ist ein gutes Verständnis wirtschaftlicher Zusammenhänge. Eigene unternehmerische Erfahrungen sind hilfreich. Für Juristen ist der Einstieg über ein Referendariat ein guter Weg. Auf diese Weise können wir sie ideal auf ihre späteren Aufgaben vorbereiten.

Wie lange dauert es dann, um als Insolvenzverwalter arbeiten zu können?

Andres: Neben den bereits genannten Fähigkeiten muss man ein Gericht finden, das einen dazu bestellt. Während es früher ausreichte, an den jeweiligen Amtsgerichten als Insolvenzverwalter gelistet zu sein, ist es im Zuge von ESUG zunehmend wichtig, in der Branche gut vernetzt zu sein. Das alles wird nicht von heute auf morgen passieren und kann ein kräftezehrender Prozess sein. Aber am Ende ist es die Anstrengung wert.

Wir danken Ihnen für das Gespräch!

Das Interview führte Justament-Redakteur Thomas Claer.

AndresSchneider Rechtsanwälte & Insolvenzverwalter hat sich auf die Bereiche Restrukturierung, Sanierung und Insolvenzverfahren spezialisiert. An insgesamt 14 Standorten in Nordrhein-Westfalen und Sachsen sind rund 80 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, darunter 12 Rechtsanwälte, beschäftigt. Der Hauptsitz ist Düsseldorf.

Weitere Informationen: www.andres-schneider.de

Veröffentlicht von on Jun 10th, 2013 und gespeichert unter DRUM HERUM, KANZLEIREPORT, SONSTIGES. Sie können die Kommentare zu diesem Beitrag via RSS verfolgen RSS 2.0. Sie können eine Antwort durch das Ausfüllen des Kommentarformulars hinterlassen oder von Ihrer Seite einen Trackback senden

1 Antwort for “Neue Perspektiven in der Sanierung von Unternehmen”

  1. Wird kein Sanierungsplan durch den Schuldner noch vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgelegt, dann eröffnet das Insolvenzgericht einen Konkurs mit Insolvenzverwalter. Dieser ist grundsätzlich zur Fortführung des Unternehmens verpflichtet. Auch in einem solchen Fall gilt eine Verwertungssperre bis zur Abhaltung der sog. Berichtstagsatzung, bei der über die Sanierung des Unternehmens beraten wird, und bei der dem Schuldner die Möglichkeit eingeräumt wird, binnen 14 Tagen einen Sanierungsplan den Gläubigern vorzulegen, dessen Mindestquote 20 % betragen muss.

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