Hypnotisch und schön

„The xx“ auf ihrem zweiten Album „Coexist“

Thomas Claer

coexistWenn man tagsüber im Feuilleton die Lobeshymnen über diese oder jene neue Band gelesen und so richtig Feuer gefangen hat, möchte man sich das Ganze eigentlich abends auf YouTube auch gerne mal mit eigenen Ohren anhören. Aber leider funktioniert das Gedächtnis ab einer bestimmten Semesterzahl nicht mehr ganz so wie noch, sagen wir, mit zwanzig. Wie hieß diese kolossale Band noch gleich? Hat man wirklich heute von ihr gelesen oder war es nicht doch gestern oder vorgestern? Soll man jetzt aufstehen und den Zeitungsstapel durchsuchen? Nein, das ist einem dann meistens doch zu umständlich. Nun wird mancher Leser fragen: „Warum kauft er sich denn nicht einfach ein Smartphone oder iPad mit Kopfhörern?“ Der Einwand ist nicht unberechtigt, aber diese Lösung kommt aus in der hier gebotenen Kürze nicht erschöpfend darstellbaren Gründen dann doch nicht in Betracht. Jedenfalls noch nicht. Da ist es doch andererseits ein Riesenglück, dass eine dieser großartigen neuen Bands einen Namen trägt, den sich im Notfall wohl selbst noch weitaus fortgeschrittenere Jahrgänge, als man selbst es ist, leicht merken könnten, brächten sie nur ein Interesse für solche Musik auf. Die Rede ist natürlich von der dreiköpfigen englischen Indie-Poprock-Band „The xx“, die 2005 in London gegründet wurde. (Huch, das ist ja auch schon wieder acht Jahre her!)
Diese Musiker pflegen einen Minimalismus in jeder Hinsicht, nicht zuletzt auch in ihrer Veröffentlichungspolitik. Nur zwei CDs in acht Jahren, das findet man nicht alle Tage. Und wenn sich Newcomer in ihrem Output so beschränken, dann zeugt das schon von einem bemerkenswerten Selbstbewusstsein: Willst du gelten, dann mach dich selten! Und die Rechnung ging auf. Fand ihr schlicht „xx“  benannter Erstling aus dem Jahr 2009 noch allein auf der Insel Beachtung, brachte „Coexist“ im letzten Jahr den weltweiten kommerziellen Durchbruch. Tja, und ihre Musik? Die ist reduziert, hypnotisch und schön. Ein paar dezente Beats aus der Drum Machine, ein wenig Gitarrenspiel und ein paar Bassläufe. Und darüber erhebt sich der charakteristische Wechselgesang aus weiblicher und männlicher Stimme. Besonders Sängerin und Gitarristin Romy Madley Croft singt einfach meisterhaft. Ihr Gesangs-Kollege und Bassist Oliver Sim eigentlich auch, nur sollte der junge Mann vielleicht mal über seine Frisur nachdenken. Einen solchen Über-Song wie „Crystalised“ auf ihrem ersten Album enthält die aktuelle CD „Coexist“ zwar nicht. Das Urteil lautet dennoch: voll befriedigend (11 Punkte).

The xx
Coexist
Young Turks/X1/Beggars Group (Indigo) 2012
8,99 EUR (bei Amazon)
ASIN: B008B11R1Q

Veröffentlicht von on Jul 8th, 2013 und gespeichert unter SCHEIBEN VOR GERICHT. Sie können die Kommentare zu diesem Beitrag via RSS verfolgen RSS 2.0. Sie können eine Antwort durch das Ausfüllen des Kommentarformulars hinterlassen oder von Ihrer Seite einen Trackback senden

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