„Beweisrecht der StPO“ von Eisenberg in 8. Auflage
Jens Jenau
Prof. Dr. Ulrich Eisenbergs Spezialkommentar „Beweisrecht der StPO“ ist in der achten Auflage erhältlich. Der bekannte Autor ist emeritierter Professor an der Freien Universität Berlin, der in den Gebieten Strafrecht, Jugendstrafrecht, Kriminologie und Strafvollzug bis 2007 lehrte. Als angesehener Wissenschaftler gelingt es ihm, einen Kommentar insbesondere für die Strafrechtspraxis zur Verfügung zu stellen. Dies mag daran liegen, dass Fragen rund um das Beweisrecht im Strafverfahren primär die in der Strafverteidigung auftretenden und engagierten Anwälte betreffen, sicher aber auch an der Neigung Eisenbergs, sich besonders mit Themen intensiv auseinander zu setzen, die gerade für die Strafverteidigung von erheblicher Relevanz sind. In seinem Spezialkommentar vermittelt er dem geneigten Leser in klarer Sprache Zusammenhänge, die dieser sich ansonsten mittels der Lektüre verschiedener Kommentare, Handbücher oder Aufsätze selbst erschließen müsste.
Neben dem Strafverteidiger und dem Opferanwalt wendet sich das Werk an Strafrichter Staatsanwälte, Forensische Sachverständige, Polizeibeamte und Steuerfahnder. Die vollständig aktualisierte und teils neu gestaltete Auflage des Kommentars „Beweisrecht der StPO“ berücksichtigt alle seit der Vorauflage ergangenen Gesetzesänderungen. Zu nennen sind das Gesetz zur Verfolgung der Vorbereitung von schweren staatsgefährdenden Gewaltakten, das Gesetz zur Stärkung des Vertrauensverhältnisses zu Rechtsanwälten im Strafprozess mit einer Änderung des § 160a StPO, die Neuregelungen zur Sicherungsverwahrung einschließlich der Entscheidung des BVerfG vom 4.5.2011 und die Regierungsentwürfe nebst Stellungnahmen des Gesetzes zur Stärkung der Rechte von Opfern sexuellen Missbrauchs sowie des Gesetzes betreffend das Abstandsgebot im Recht der Sicherungsverwahrung. Zudem erübrigt es sich bei einem Praxiskommentar fast darauf hinzuweisen, dass sämtliche seit der Vorauflage ergangene Judikatur und Literatur eingearbeitet ist. Dies führt dazu, dass das Werk nunmehr einen außergewöhnlichen Fundus an Urteilen und weiterführende Literatur für den Strafverteidiger oder andere Nutzer bereitstellt. Somit ist der Spezialkommentar problemlos zur Vertiefung von beweiserheblichen Fragen zu nutzen.
Der Spezialkommentar ist in fünf Teile gegliedert. Teil1 widmet sich den Beweisgrundsätzen, dem Beweisantrag, den Beweisverboten, dem Beweis bei Wiederaufnahme eines (durch rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen) Verfahrens und dem Beweistransfer zwischen EU-Staaten. Mit großer Ausführlichkeit arbeitet der Autor die für den Strafverteidiger besonders wichtigen Themenkomplexe des Beweisantrags. Angefangen bei den Voraussetzungen, Abgrenzungen und besonderen Ausgestaltungen geht er auf die Antragsstellung und Bescheidung des Antrags und dessen Ablehnung ein. Revisionsrechtliche Fragen sind in diesem Zusammenhang nicht ausgespart. Auch das klassische wie schwierige Thema der Beweisverbote ist ein Bearbeitungsscherpunkt. Nach anfänglichen allgemeinen Ausführungen differenziert Eisenberg die Beweiserhebungsverbote in Beweisthemaverbote, Beweismethodenverbote und Beweismittelverbote, bevor er die Beweisverwertungsverbote anhand der gesetzlichen Regelungen, über die sonstigen (ungeschriebenen) Beweisverwertungsverbote, die rechtswidrige Erlangung von Beweismitteln durch Private, die Fernwirkung und hypothetische Ermittlungsverläufe, die Verwertung nicht rechtskräftig abgeurteilter (mutmaßlicher) Straftaten bis zu der prozessualen Geltendmachung aufarbeitet.
Kern des Teils 2 ist der Beschuldigte in den drei verschiedenen Verfahrensstadien. Neben den Rechten und Pflichten sind die Vernehmung, verbotene Vernehmungsmethoden, Würdigung der Beschuldigtenvernehmung und der Aussagen des Angeklagten sowie Kronzeugenregelungen thematisiert. Im 3. Teil ist der Zeuge Thema mit den Voraussetzungen und Gestaltung der Zeugenvernehmung und der Aussagewürdigung. Hier ist auf die lehrreichen Kapitel zu den Zeugnisverweigerungsrechten bestimmter Personen und zur Glaubhaftigkeit der Aussage hinzuweisen. Teil 4 dreht sich um das für den Strafprozess elementare Thema „Sachverständiger“. Auf knapp 300 Seiten erläutert Eisenberg im ersten Kapitel zunächst die Voraussetzungen und Gestaltung der Tätigkeit. Dabei geht er auf die Stellung des Sachverständigen, dessen Auswahl oder Ablehnung, die Pflichten und Rechte des Sachverständigen sowie dessen Leitung und Würdigung des Gutachters durch Gericht bzw. Staatsanwaltschaft ein. Die beiden weiteren Kapitel widmet der Autor den Untersuchungen (überwiegend) personenbezogener oder sächlicher Art. Teil 5 zum Thema Sachliche Beweismittel geht auf Urkunden und den Augenschein sowie die Beschaffung der Beweise etwa durch Beschlagnahme, Durchsuchung oder einzelne verdeckte Maßnahmen (etwa gemäß §§ 100a bis 100i StPO) ein.
Fazit: Das Werk bietet mehr als eine umfassende und detaillierte Grundlage in Sachen Beweisrecht für die Arbeit des Strafverteidigers, Richters oder Staatsanwalts. Sicherlich ist der Spezialkommentar nicht unbedingt ein Werk, um sich in die Fragen des Beweisrechts erstmalig einzuarbeiten. Aufgrund des Ausführlichkeit oder intensiven thematischen Aufbereitung ist es schwierig, sich einen ersten zügigen Überblick zu verschaffen. Aber jedem ernsthaft sich in der Strafverteidigung engagierenden Verteidiger oder dem Fachanwalt für Strafrecht ist der Rückgriff auf das Werk zur Vertiefung der sich in der Praxis oder im Rahmen der Vorbereitung eines Verfahrens ergebenden schwierigen Beweisfragen dringend anzuraten. So ist aus meiner Sicht etwa für die Verteidigung bereits im Ermittlungsverfahren oder für die Vorbereitung eines Revisionsverfahrens der Spezialkommentar „Beweisrecht der StPO“ unverzichtbar.
Ulrich Eisenberg
Beweisrecht der StPO
8. Aufl. 2013, 1.088 S., 139,00 €
Verlag C.H. Beck
ISBN: 978-3-406-64254-8