Neue Kommentare im Test

Welcher hält, was er verspricht? Kopp/Ramsauer-VwVfG, Baumbach/Lauterbach-ZPO und Kindhäuser-StGB

Thomas Claer

Juristische Kommentare gibt es jede Menge, aber zu welchem kann man mit gutem Gewissen greifen? Wir haben drei getestet.

Kopp/Ramsauer – VwVfG
koppWorum es geht: Das ganze Verwaltungsverfahrensgesetz.
Tradition: Begründet von Ferdinand Kopp (1932-1995), einem Staatsrechtslehrer, der selbst jahrelang als Verwaltungsbeamter im Öffentlichen Dienst tätig war. Die erste Auflage erschien 1976.
Marktstellung: Bis auf einen weniger bekannten Studienkommentar und ein eher experimentelles, nur für Kindle-Lesegeräte gemachtes Werk aus dem Kommunal- und Schulverlag Wiesbaden gibt es im Verwaltungsverfahrensrecht schlichtweg nur den Kopp/Ramsauer. Laut Juris-Datenbank gibt es sage und schreibe 19.000 Entscheidungen, in denen einer der beiden Kopp-Kommentare (der andere ist der zur VwGO) zitiert wurde.
Preis-Leistungs-Verhältnis: Jede Seite kostet nur 3,1 Cent. Da kann man nichts sagen.
Wer ihn braucht: Alle Referendare zwischen Rügen und Bayrischen Alpen, allerspätestens zum 2. Staatsexamen. Verwaltungsjuristen und andere Bürohengste. Alle, die sich ernsthaft mit Verwaltungsrecht beschäftigen.
Fazit: Wer ihn braucht, hat keine Wahl.

Ferdinand Kopp / Ulrich Ramsauer
Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG)
Verlag C.H. Beck, 15. vollständig überarbeitete Auflage 2014
1.868 Seiten in Leinen, € 59,00
ISBN 978-3-406-66592-9

Baumbach/Lauterbach-ZPO
baumbachWorum es geht: Die ganze Zivilprozessordnung. Aber so ausführlich und fundiert kommentiert, dass selbst der entfernteste Anflug eines Problems noch hinreichende Würdigung findet.
Tradition: Zählt zu den Urgesteinen in der deutschen Kommentarlandschaft. Schon 1924 erschien dieser ZPO-Kommentar in erster Auflage. Begründet von Adolf Baumbach (1874-1945), der nichts für seinen Vornamen kann. Baumbach promovierte 1898 mit dem Recht des Gemeingebrauchs und wurde dann Landgerichtsrat in Berlin. Während des Ersten Weltkrieges wechselte er in das Kriegsministerium und wurde dort als Sparkommissar eingesetzt. Später begründete er noch sieben (!) weitere Kommentare, was ihn für alle Zeiten zu Deutschlands kommentierfreudigstem Juristen gemacht haben dürfte. Darüber hinaus entwickelte er die nach ihm benannte Baumbachsche Kostenformel zur Berechnung der Gerichtskosten bei Streitgenossen.
Marktstellung: Den deutlich schlankeren Thomas/Putzo muss der Baumbach/Lauterbach nicht fürchten, wohl aber den ähnlich voluminösen und hochpreisigen Erzrivalen Zöller aus dem Otto-Schmidt-Verlag.
Preis-Leistungs-Verhältnis: Jede Seite kostet 4,85 Cent. Ein Schnäppchen ist er dennoch nicht. Wobei: Der Zöller ist noch vier Euro teurer.
Wer ihn braucht: Alle, die ihn nicht selbst bezahlen müssen, also z.B. Top-Anwälte in internationalen Großkanzleien. Und natürlich, wer so richtig protzen will.
Fazit: Die gediegene Luxusklasse unter den Kommentaren.

Adolf Baumbach / Wolfgang Lauterbach / Jan Albers / Peter Hartmann
Zivilprozessordnung (ZPO)
Verlag C.H. Beck, 73. völlig neu bearbeitete Ausgabe 2014
3401 Seiten in Leinen, € 165,00
ISBN 978-3-406-65800-6

Kindhäuser-StGB

kindhauserWorum es geht: Das ganze Strafgesetzbuch. Und hier kommen auch die Mindermeinungen zu Wort.
Tradition: Diesen Kommentar gibt es seit gerade mal zwölf Jahren und sechs Auflagen. In der Rechtsgeschichte ist das ein Wimpernschlag. Sein Begründer und Verfasser Prof. Urs Konrad Kindhäuser ist ein Achtundsechziger, wie er im Buche steht, absolvierte 1969/70 seinen Zivildienst im Städtischen Krankenhaus Frankenthal, um sich dann auf den Marsch durch die Institution Uni zu begeben. Bis hin zur Strafrechts-Professur und unzähligen Ehrendoktoraten in aller Welt. Kindhäuser ist Autor zahlreicher Strafrechts-Lehrbücher.
Marktstellung: Gegen die etablierten StGB-Kommentare Fischer (Ex-Dreher/Tröndle), Lackner/Kühl und Schönke/Schröder (Huch! Schon seit 2010 nicht mehr aufgelegt!) hat es ein Newcomer nicht leicht. Aber er hat ein Alleinstellungsmerkmal: Er ersetzt gleichzeitig ein Lehrbuch.
Preis-Leistungs-Verhältnis: Jede Seite kostet nur 3,03 Cent. Dafür ist er aber auch nur Paperback.
Wer ihn braucht: Jura-Studenten, die die beste Hausarbeit schreiben wollen. Engagierte Strafverteidiger mit offenem Hemdkragen. Polizisten, die schon immer mal die Strafgesetze richtig verstehen wollten, als deren Auge sie täglich wachen.
Fazit: Frischer Wind mit pädagogischem Anspruch.

Urs Konrad Kindhäuser
Strafgesetzbuch (StGB)
Lehr- und Praxiskommentar
Nomos Verlag, 6. Auflage 2014
1382 Seiten kartoniert, € 42,00
ISBN 978-3-8487-1757-6

Veröffentlicht von on Nov 10th, 2014 und gespeichert unter BESPRECHUNGEN, LITERATUR. Sie können die Kommentare zu diesem Beitrag via RSS verfolgen RSS 2.0. Sie können eine Antwort durch das Ausfüllen des Kommentarformulars hinterlassen oder von Ihrer Seite einen Trackback senden

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