Der Einbändige

Der neue Jarass / Pieroth in 14. Auflage

Michael Stern

 

jarassDie Reihe Gelbe Erläuterungsbücher aus dem C.H. Beck Verlag ist unter Praktikern und Studenten gut bekannt. Mittlerweile findet sich eine Unmenge an Titeln in dieser Reihe. Im Öffentlichen Recht ist neben dem Kopp / Ramsauer zum Verwaltungsverfahrensgesetz und Kopp / Schenke zur Verwaltungsgerichtsordnung der Jarass / Pieroth Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland das Standardwerk. Der Kommentar für Verfassungsrecht, verfasst von Hans D. Jarass und Bodo Pieroth, liegt nunmehr in 14. Auflage vor.
Der Kommentar richtet sich nicht nur an Praktiker, sondern auch an Studenten und Referendare. Charakteristisch ist der prägnante Stil, der aber nichtsdestotrotz eine umfassende Kommentierung des Verfassungsrechtes bietet. Und genau darin liegt seine Stärke: Er kann den gesamten anvisierten Leserkreis für sich gewinnen, indem das Werk auf langatmige Ausführungen zu theoretischen Problemen verzichtet. Studenten sollten aber aus diesem Grund keineswegs von dem Kommentar Abstand nehmen. Der examensrelevante Stoff wird selbstverständlich ausnahmslos thematisiert. Studenten, die die Klageverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht vertieft wiederholen wollen, sind mit dem Kommentar bestens bedient. Wer die Normenkontrollen – abstrakte und konkrete – einmal vollständig und prägnant dargestellt haben möchte, sollte zu dem Buch greifen. Die Zulässigkeitsvoraussetzungen, die Studenten immer gerne sklavisch lernen und in der Klausur eins zu eins abarbeiten, sind übersichtlich zu entnehmen. Und wer genauer lernt, wird feststellen, dass man in einer Klausur nicht immer alles eins zu eins niederschreiben muss. Punkte können mal zusammengelegt oder sogar weggelassen werden. Damit zeigt der Klausurbearbeiter Souveränität gegebenüber dem Lernstoff und setzt die richtigen Schwerpunkte. Immerhin spielt die Musik einer jeden öffentlich-rechtlichen Klausur in der Begründetheit. Daher sollte sich der Bearbeiter kostbare Zeit einsparen, die er später in der Klausur besser nutzen kann. Auch darin kann der Kommentar eine gute Hilfe sein, Unwichtiges vom Wichtigen trennen zu können.
Die Grundrechte – ein Thema das erfahrungsgemäß gerne von Studenten gelernt wird – sind im Jarass / Pieroth didaktisch hervorragend ausgearbeitet worden. Gegliedert nach Schutzbereich, Eingriff und Rechtfertigung können Studenten die Ausführungen ohne weiteres fallorientiert lernen und später im Ernstfall leicht anwenden: Ein absoluter Geheimtipp für diejenigen, die im Öffentlichen Recht gerne etwas mehr als der Durchschnitt wissen wollen oder sich für einen öffentlich-rechtlichen Schwerpunkt vollumfänglich vorbereiten wollen.
Auch die Ausführungen zu den Gesetzgebungskompetenzen des Bundes und der Länder und zu dem Gesetzgebungsverfahren können nur wärmstens empfohlen werden. Wer noch Rat sucht, wenn es darum geht, dass die Bundesregierung „ihre“ Gesetzesvorlage durch die Fraktion einbringen lässt und so das Vorverfahren nach Art. 76 Abs. 2 GG umgeht, oder wie zu verfahren ist, wenn im Bundesrat die Stimmen eines Landes nicht einheitlich abgegeben werden oder der Vermittlungsausschuss seine Befugnisse überschreitet, kann im Jarass / Pieroth eine schnelle und umfassende Antwort finden. Auch die Verwaltungskompetenzen werden didaktisch gut aufbereitet. Wer nach der Lektüre nicht die Wahrnehmungs- von der Sachkompetenz unterscheiden kann – vor allem, wenn es um die Bundesauftragsverwaltung geht –, der hat nicht sorgfältig gelesen oder schließt sich der Mindermeinung an.

Fazit: Die Zielgruppe ist mit Studenten, Referendaren und Praktikern sicherlich breit gestreut, aber aufgrund des prägnanten Stils und der gleichzeitig immensen Informationsfülle auf engstem „Raum“ sollten alle Leser auf ihre Kosten kommen. Der Kommentar verliert sich nicht in langatmigen Details, sondern kommt schnell auf den Punkt und führt den Leser zu vertretbaren Ergebnissen. Unschätzbar ist es auch, dass es nur zwei Autoren gibt und keine unüberschaubare Autorenschaft. Dies trägt besonders dazu bei, dass der Kommentar wie aus einem „Guss“ wirkt und ein widerspruchsfreies und einheitlich durchdachtes Ganzes bildet. Der für einen Grundgesetz-Kommentar vergleichbar niedrige Preis rundet das Angebot ab und sollte gerade auch für Studenten eine äußerst interessante Alternative im Verfassungsrecht sein.
Jarass / Pieroth
Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland: GG
14. Auflage 2016. Seiten: 1386
C.H.BECK, ISBN 978-3-406-69379-3

Veröffentlicht von on Okt 24th, 2016 und gespeichert unter BESPRECHUNGEN, LITERATUR. Sie können die Kommentare zu diesem Beitrag via RSS verfolgen RSS 2.0. Gehen Sie bis zum Ende des Beitrges und hinterlassen Sie einen Kommentar. Pings sind zur Zeit nicht erlaubt.

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