Thomas Galli, ehemaliger Gefängnisdirektor, Jurist und Buchautor sieht das Thema „Resozialisierung“ kritisch
Benedikt Vallendar
Dresden / Berlin – Zugegeben: Wie im Mittelalter geht es in deutschen Gefängnissen heute nicht mehr zu. Auch wenn sich Teile der Öffentlichkeit genau das wünschen würden: Dass verurteilte Straftäter in feuchten Zellen darben und bei Wasser und Brot auf hartem Lager schlafen. Trotz vergleichsweise angenehmer Zustände in deutschen Gefängnissen zieht der langjährige Gefängnisdirektor Thomas Galli (Jahrgang 1973) eine ernüchternde Bilanz, wenn es um die Zukunftsperspektiven verurteilter Straftäter geht. „Das System, will sagen: die Tristesse im grauen Gefängnisalltag taugt kaum, um aus Vergewaltigern, Mördern und Drogendealern anständige Menschen zu machen“, sagt Galli, der wiederholt in Hörfunk- und Fernsehsendungen als Experte für Fragen des Strafvollzugs auftritt. Und eigentlich habe sich auch nur der Name geändert: Aus den früheren Verliesen wurden im 20. Jahrhundert beheizbare Justizvollzugsanstalten mit Fußballplätzen, warmen Mahlzeiten und medizinischem Dienst. Mehr sei im Grunde nicht geschehen, auch wenn Medien und Politik gern ein anderes Bild zeichneten. Aus seiner langjährigen Zeit als Gefängnisdirektor und Psychologe erzählt Galli authentische Geschichten über Täter, denen er im Strafvollzug begegnet ist. Dabei richtet er sein Augenmerk gleichermaßen auf ihre Lebensläufe, um die Hintergründe ihrer Straftaten und den Mikrokosmos Knast zu erhellen. 2016 quittierte Galli den sächsischen Justizdienst und arbeitet heute als Rechtsanwalt in Süddeutschland. Wer wissen will, wie es hinter deutschen Gefängnismauern wirklich zugeht, dem seien seine Bücher wärmstens empfohlen.
Thomas Galli
Die Gefährlichkeit des Täters
Verlag Das Neue Berlin, Berlin 2017
176 Seiten; 12,99 EUR
ISBN-10: 3360013182